Kein Gesichtsschleier am Steuer

| Eine Frau muslimischen Glaubens ist vor dem Verwaltungsgericht (VG) Berlin mit einer Klage
gescheitert, mit der sie eine Ausnahmegenehmigung für das Führen eines Kraftfahrzeugs
mit einem Gesichtsschleier erstreiten wollte. |


Nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) dürfen Personen, die ein Kraftfahrzeug führen, ihr
Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken, dass sie nicht mehr erkennbar sind (Verhüllungsverbot).
Die Klägerin hatte geltend gemacht, ihr muslimischer Glaube gebiete es, dass sie sich
außerhalb ihrer Wohnung nur vollverschleiert zeigen dürfe. Auch im Auto sei sie den Blicken
fremder Menschen ausgesetzt. Daher müsse ihr erlaubt werden, beim Führen eines Kraftfahrzeugs
ihren gesamten Körper einschließlich des Gesichts unter Aussparung der Augenpartie zu
verschleiern. Ihren Antrag auf Erteilung einer entsprechenden Ausnahmegenehmigung hatte
das Land Berlin abgelehnt. Dagegen richtete sich die Klage.


Das VG hat die Klage abgewiesen. Eine Ausnahmegenehmigung könne die Klägerin auch mit
Blick auf ihre grundrechtlich geschützte Religionsfreiheit nicht beanspruchen. Diese müsse
nach Abwägung aller widerstreitenden Interessen hinter anderen Verfassungsgütern zurücktreten.
Das Verhüllungsverbot gewährleiste eine effektive Verfolgung von Rechtsverstößen im
Straßenverkehr, indem es die Identifikation der Verkehrsteilnehmer ermögliche, etwa im Rahmen
von automatisierten Verkehrskontrollen. Es diene zudem dem Schutz der körperlichen
Unversehrtheit und des Eigentums Dritter, weil Kraftfahrzeugführer, die damit rechnen müssten,
bei Regelverstößen herangezogen zu werden, sich eher verkehrsgerecht verhalten würden
als nicht ermittelbare Autofahrer.


Demgegenüber wiege der Eingriff in die Religionsfreiheit der Klägerin weniger schwer. Ein
gleich wirksames, aber mit geringeren Grundrechtseinschränkungen verbundenes Mittel zur
Erreichung der mit dem Verhüllungsverbot verfolgten Zwecke stehe nicht zur Verfügung. So
könne etwa eine Fahrtenbuchauflage nur dem Halter eines Fahrzeugs auferlegt werden; die
Klägerin begehre jedoch eine Ausnahme in ihrer Eigenschaft als Führerin eines Fahrzeugs.
Gleichermaßen ungeeignet erscheine der Vorschlag der Klägerin, einen Niqab mit einem „einzigartigen,
fälschungssicheren QR-Code“ zu versehen und die Ausnahme vom Verhüllungsverbot
mit einer solchen Auflage zu verbinden. Denn dadurch sei nicht sichergestellt, dass die
Person, die den Niqab trage, auch tatsächlich die Person sei, für die der QR-Code kreiert wurde.


Gegen das Urteil kann der Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht
(OVG) Berlin-Brandenburg gestellt werden.